Reisebericht: Zu Besuch bei Oskar Schindler

Zurück in Yad Vashem

Sechs Jahre nach meinem ersten Besuch in Yad Vashem war ich in diesem Jahr nicht als Rechercheur, sondern als ganz normaler Besucher vor Ort.

 

Gerd Bohne an einen Baum gelehnt beim Hain der Gerechten

Gerd Bohne am Hain der Gerechten

Mein Ziel war der „Hain der Gerechten“, ganz konkret der von Oskar Schindler und seiner Ehefrau Emilie vor fast 60 Jahren selbst gepflanzte Johannisbrotbaum platziert an prominenter Stelle direkt am Eingang des Hains im Westen der Stadt Jerusalem. Ein angemessener Platz, steht der Name Schindlers doch für gelebte Mitmenschlichkeit auch unter grausamsten Bedingungen. 

Die Erinnerungskultur in Sachen Oskar Schindler war schon einmal 2018 Bestandteil einer meiner Reisen. Zwei Monate vor der Reise nach Jerusalem war ich im tschechischen Svitavy, ehemals Zwittau , dem Geburtsort von Oskar Schindler.

Ende Juli hatte ich eine US-amerikanische Freundin mit nach Tschechien genommen, auf eine Recherchetour, deren Thema die Vertreibung der Sudetendeutschen sein sollte. Diese Freundin war völlig ahnungslos: „Gerd, was war die Vertreibung? Ich habe nie davon gehört!“

Oskar Schindler war eigentlich auf der Reise nicht mein Thema, aber vielleicht der Weg, um der ahnungslosen Amerikanerin über den Hebel des Hollywood-Films „Schindlers Liste“ einen wichtigen Teil deutsch-tschechischer Geschichte nahezubringen.

 

Svitavy – Tschechien

Die Kleinstadt Svitavy hat den Balanceakt zwischen mehr oder weniger begründeten antideutschen Ressentiments und angemessener Würdigung des weltberühmten Sohnes der Stadt meiner Meinung nach gut austariert. Gegenüber seinem Geburtshaus steht ein

Gerd Bohne vor dem Gedenkstein von Oskar Schindler

Gerd Bohne vor dem Gedenkstein von Oskar Schindler

Gedenkstein, der neben der Betonung der bedeutenden humanitären Leistung Schindlers auch Raum für die Bewertung seiner vielschichtigen Persönlichkeit lässt. Wer mehr darüber wissen will, dem sei ein Besuch des Stadtmuseums empfohlen, in dem Oskar Schindler mit einem eigenen Ausstellungsraum gewürdigt wird, nicht nur positiv.

Mein Interesse lag auf dem Weg der Vertreibung, den ein Onkel von mir aus dem nordöstlich von Svitavy gelegenen Schönhengstgau in Ostböhmen in Richtung Niederschlesien nehmen musste. Eine Landschaft, heute in Deutschland längst vergessen, geprägt von sanften Hügeln, kleinen Weihern, Wäldern.

Zu Fuß, mit Handwagen, Leiterwagen, teilweise Koffer schleppend, quälte sich der elende deutsche Lindwurm über 40km in Richtung Mittelwalde in Niederschlesien im heutigen Polen. Mein Onkel besaß eine Geige und hatte es geschafft, dieses geliebte Instrument durch alle Durchsuchungen und Plünderungen nach Polen zu schmuggeln. Die Geschichte dieser Geige werde ich in einer späteren Geschichte erzählen.

Ich bin die Strecke, im heutigen Lanskron startend, mit sehr langsamer Geschwindigkeit nachgefahren, habe ab und an auf diesem leicht hügeligen, von alten Obstbäumen gesäumten schmalen Straßen gehalten und ich konnte die angstvolle, tränenreiche Stimmung in diesem unglücklichen Zug der Menschen spüren, die sich mit jeder Kurve mehr und mehr aus ihrer Heimat entfernten und einer völlig ungewissen Zukunft entgegen gingen.

Auch sie waren Opfer des von den Nazis angezettelten Vernichtungskrieges.

 

Schlussbemerkung: Das Stadtmuseum Svitavy zeigt eine der schönsten Weihnachtskrippen, die ich jemals zu Gesicht bekommen habe…..

wunderschöne Weihnachtsgrippen in Svitavy

wunderschöne Weihnachtskrippen in Svitavy

 


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